Anton Günther und der Wiener Kreis seiner Freunde und Schüler

Nach der nüchternen Epoche der Aufklärung erlebten die sog. „Salongespräche“, vor allem von den einflussreichen jüdischen Familien gefördert, in der Spätromantik eine Hochkonjunktur. Eine singuläre Erscheinung waren die mit höchstem akademischen Anspruch ausgezeichneten „christlich-sokratischen Symposien“ um den Wiener Philosophen und Theologen Anton Günther. Bemerkenswert ist der Anteil der jüdischen Konvertiten und der Mediziner im Teilnehmerkreis. 

So entstand die einzigartige „Wiener philosophisch-theologische Schule“, die sich mit ihrem Versuch einer Vermittlung von Glaube und Wissen, Offenbarung und Vernunft wie ein Netz im deutschen Sprachraum ausbreitete. Einladungen zur Annahme diverser universitärer Lehrstühle schlug Günther aus, da er sein geliebtes Wien nicht verlassen wollte. Seine Schüler und Freunde versorgte er nicht nur mit dem nötigen philosophischen Rüstzeug, sondern unterstützte sie auch in ihren akademischen Karrieren. 

Das kirchliche Verbot seiner Schriften 1857 ließ ihn fast in Vergessenheit geraten. Erst 100 Jahre später wurde im Fundamental-
theologischen Institut der Universität Wien die Rehabilitation dieses großen Wiener Privatgelehrten aus dem Neustädterhof im 1. Bezirk in Angriff genommen.

Erwin Mann, Fundamentaltheologe und Religionspädagoge, kehrt nach den in den letzten Jahrzehnten publizierten pädagogischen und schulhistorischen Arbeiten mit dieser Schrift zurück zu den Anfängen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit.